04 Dezember 2011

Leitbild

Wenn aus einer guten Sache eine Farce wird
Es gab einen Tag  im Jahre 2004, da hat ein Vorstandvorsitzender ca. 2.500 MitarbeiterInnen  auf den Nockerberg eingeladen um das neue Leitbild der fusionierten Münchner Gesellschaften frenetisch zu feiern. Ach war das schön – als die grünen Leuchtstifte in Mengen hochgehoben wurden und die Servicewüste Deutschland von der „Generali“ fürs eigenen Unternehmen mit einem Theaterstück verabschiedet wurde. Die Einheit war perfekt, endlich kann wieder angepackt werden, jeder fühlt sich im Unternehmen wohl und zufrieden und wir haben nur mehr super motivierte MitarbeiterInnen.
Jetzt wäre es schön, wenn dieser Artikel zu Ende wäre.
Aber leider ist von der Euphorie dieser Veranstaltung außer Ungläubigkeit, Fassungslosigkeit, Unverständnis, Frust und  Trostlosigkeit nichts übrig geblieben. Das Wort „Leitbild“ ist anscheinend das Unwort des Jahres. Woran liegt das?
Seit dem ersten gemeinsamen Leitbild sind tatsächlich nur 7 Jahre vergangen. Anscheinend hat es aber mit dem Ersten sowieso nicht funktioniert, man hat uns nämlich schon ein Neues aufs Auge gedrückt. Aber was ist in der Zwischenzeit tatsächlich aus unserem Unternehmen geworden? Wo ist die Einhaltung der Versprechen in unserem letzten Leitbild gegenüber der Belegschaft, wie z.B.:
Partnerschaft in der Zusammenarbeit. Unter KollegInnen sehe wir das in jedem Fall – aber was ist mit den Vorgesetzen? Wie gehen die teilweise mit Ihren MitarbeiterInnen um, damit sie Ihre eigenen Ziele und Boni erreichen? Da sind bei gewünschten Gleittagen mal schnell die betrieblichen Belange zur Hand. Wenn es um „freiwillige“ Überstunden und Samstagsarbeit geht, wird schnell mal ein bisschen unter Druck gesetzt - speziell befristete und jüngere KollegInnen. Und Transparenz ist sowieso ein Fremdwort, man hält die Belegschaft über die ständigen Veränderungen so solange wie möglich „unwissend“.
Oder z.B. Nachhaltigkeit im Tun – das Fördern von Arbeit und Beruf und die „gemeinsame“ Verantwortung für die Gesundheit? Bei ständigem Druck und permanenter Kontrolle durch  die Führungskräfte ist es mit der „gemeinsamen“ Verantwortung schnell vorbei. Da muss es niemanden wundern, wenn die Krankenquoten und die psychischen Belastungen immer höher werden.
Wie geht man mit KollegInnen um, die Teilzeit arbeiten wollen für Kindererziehung oder Pflege? Die Teilzeit bekommen sie – das ist ja auch gesetzlich geregelt – aber was ist mit den individuellen Arbeitszeiten die sie benötigen. Auch da wird schnell das Argument der „betrieblichen Belange“ herangezogen.
Wie war das in unserem ersten Leitbild mit den „Höheren Zielen“ – schon vergessen?
„Wir übernehmen Verantwortung für jeden, der sich uns anvertraut“ – auch für MitarbeiterInnen? Ist das der Grund, warum es ein neues Leitbild geben musste?

2 Kommentare:

  1. Zunächst mal herzlichen Glückwunsch zu dieser neunen Zeitung. Endlich wird mal öffentlich ausgesprochen, was sehr viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter denken. Auch wenn der Vorstand sicherlich den ein oder anderen Artikel etwas kritisch beurteilen wird, jetzt hat er die Chance auch mal die Meinung / Stimmung in diesem Unternehmen wahrzunehmen. Auch dem Vorstand muss es doch wichtig sein, was seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so denken. Macht bitte weiter so.

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  2. Auch von mir herzlichen Glückwunsch zu dieser neuen Zeitung. Meine Kolleginnen und Kollegen freuen uns schon auf die nächste Ausgabe.

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